Sat-Bilder interpretieren

Das weltweite Wettersatellitensystem besteht aus geostationären und polarumlaufenden Satelliten, die genaue Informationen über die Wetterlage geben können. Wie aber interpretiert man die Bilder aus dem All richtig?

Geostationäre Satelliten erlauben es, Bilder von der Erde zwischen zirka 80 Grad Nord und 80 Grad Sud in zeitlich dichter Abfolge zu erstellen und so die Entwicklung und Verlagerung bestimmter Wetterphänomene zu verfolgen. Die polarumlaufenden Satelliten erzeugen auch Bilder der Polarregionen. Da ihre Umlaufbahnen in etwa 850 Kilometer Höhe verlaufen (die geostationären drehen sich mit der Erde und sind in zirka 36000 Kilometer Höhe »verankert«), können sie Bilder in hoher horizontaler Auflösung erstellen (die amerikanischen NOAA- Satelliten können beispielsweise Objekte von einem Kilometer Größe darstellen).

Jedoch überfliegt ein polarumlaufender Satellit dasselbe Gebiet der Erde im Abstand von etwa jeweils zwölf Stunden. Aus diesem Grund können solche Satelliten Wolkenentwicklungen und Frontenverlagerungen nicht kontinuierlich verfolgen.

Meteosat registriert auch die thermische Abstrahlung der Erde

Im Gegensatz zu NOAA-Satelliten steht der Meteosat in einer Höhe von 35900 Kilometer über dem Golf von Guinea, genau über dem Schnittpunkt von Äquator und Null-Meridian. Meteosat hat in erster Linie die Aufgabe, Wettersatellitenbilder zu erzeugen. Nebenher verbreitet der künstliche Erdtrabant diese Bilder in aufbereiteter Form wieder und sammelt und verbreitet meteorologische Meßdaten. Wichtig für die Interpretation der Satellitenbilder sind jedoch einige Detailinformationen zu den drei verschiedenen Spektralbereichen, in denen die Bilder erzeugt werden. Meteosat hat ein Radiometer mit Infrarot-Detektoren an Bord, die von der Erde stammende Signale bei Wellenlängen von 10,5 bis 12,5 mü empfangen. Solche Signale bestehen aus emittierter thermischer Strahlung, aus der sich die Temperatur der strahlenden Oberfläche berechnen läßt. Im Prinzip handelt es sich hierbei also um eine indirekte Temperaturmessung.

Die Strahlung stammt von festen oder flüssigen Oberflächen wie Meeresoberflächen, Landoberflächen oder Wolken beziehungsweise Eiskristallen in Cirrus-Wolken. Auch Sand- und Staubwolken erzeugen Strahlung dieser Art. Die Infrarot-Bilder enthalten zunächst Grauwerte. Anschließend werden die Bilder so weiterverarbeitet, daß die kältesten Bereiche sehr hell bis weiß dargestellt werden, während Bereiche um so dunkler erscheinen, je wärmer sie sind. Der Grauton einer Wolkenformation ist also ein Maß für ihre Oberflächentemperatur. Da die Temperatur in der Troposphäre mit größer werdende Höhe abnimmt, präsentieren sich Wolken aus dem unteren Bereich der Atmosphäre dunkel (warm) und erscheinen um so heller, je höher sie reichen, da sich ihre Oberflächen dann in kälteren Temperaturschichten befinden. Allerdings: Die Zuordnung von Grauwert zu Temperatur ist nicht linear. Selbstverständlich kann nun jedem Grauwert ein Farbton zugeordnet werden, so daß man bunte Bilder bekommt. Die horizontale Auflösung digitaler Bilder beträgt im infraroten Spektralbereich fünf Kilometer im sogenannten Subsatellitenpunkt, also dort, wo der Satellit senkrecht über der Erdoberfläche steht. Zum Rande des Blickfeldes von Meteosat hin nimmt das Auflösungsvermögen wegen des flacheren Beobachtungswinkels rasch ab. In 50 N oder 50 S hat es sich auf etwa acht Kilometer verschlechtert (über dem Äquator deckt ein Pixel ein Quadrat von fünf Kilometer Kantenlänge ab).

Kleine Wolken können vom Wetter-Satelliten nicht erfaßt werden

Einzelne Wolken, deren Ausdehnung kleiner ist als der durch das Auflösungsvermögen angegebene Zahlenwert, können nicht erkannt werden. Bedeckt eine Wolke beispielsweise nur einen Teil eines Bildpunkts (Pixel), so empfängt der Satellit ein Mischsignal, das weder für die Wolke noch für den wolkenfreien Untergrund repräsentativ ist. Viele solch kleine Wolken ergeben deshalb womöglich nur einen bestimmten Grauton. Da ausgedehnte Cirrus-Wolkenfelder sehr kalt sind (höher als sieben Kilometer), erscheinen sie auf Infrarot-Bildern markant weiß. Dennoch muß darunter kein unfreundliches Wetter herrschen. Oft kann sogar die Sonne durch diese Eiswolken scheinen. Unter Umständen können nicht sehr hochreichende Wolken auf den Bildern nicht erkannt werden, beispielsweise wenn sich die Temperatur der Wolkenoberfläche nicht wesentlich von der Temperatur der umgebenden wolkenfreien Land- oder Wasseroberfläche unterscheidet.
Im sichtbaren Spektralbereich wird das von der Erde reflektierte und zurückgestreute Licht im Bereich von 0,4 bis 1,1 mü gemessen. Dabei sind folgende Parameter mitentscheidend:

  • Sonnenstand,
  • Beobachtungswinkel des Satelliten und
  • Reflexionseigenschaften des beobachteten Objekts.

Je stärker ein von der Sonne angestrahltes Objekt Licht reflektiert, um so heller ist es auf den Bildern. Am hellsten erscheinen auf den Satellitenbildern Wolken, Schnee- und Eisflächen sowie Wüstengebiete. Da Wasser das Sonnenlicht nahezu vollständig absorbiert, werden die Wasseroberflächen am dunkelsten wiedergegeben. Da Schnee und Wolken mitunter nahezu dieselben Reflexionseigenschaften haben, kann in den sichtbaren Wolkenbildern schneebedeckter Untergrund nicht ohne weiteres von Wolken unterschieden werden. Die horizontale Auflösung digitaler Bilder im sichtbaren Spektralbereich beträgt im Fußpunkt des Satelliten etwa 2,5 Kilometer; in 50 Grad Entfernung vom Subsatellitenpunkt, also auch über der Mitte Deutschlands, beträgt sie noch zirka vier Kilometer. Auch hier gilt: Einzelne, kleinere Wolken können nicht erfaßt werden. Außerdem kann man die Temperaturausstrahlung des in der freien Atmosphäre vorhandenen Wasserdampfes messen. Wasserdampf hat zwei intensive Absorptions-Banden im Spektralbereich zwischen 5,7 und 7,1 mü. Da die Temperaturausstrahlung von der Konzentration des Wasserdampfes abhängt, geben die Bilder des Wasserdampfkanals Aufschluß über die vorhandene Wasserdampfmenge. Darauf soll hier nicht weiter eingegangen werden.

Das Infrarot-Bild (Bild 1) vom Mittag dieses Tages zeigt eine wirbelähnliche Struktur über Mitteleuropa. Ausgehend vom deutschen Mittelgebirgsraum erstreckt sich ein helles Wolkenband nach Osten. Dieses stellt eine Warmfront  oder Warmfront-Okklusion dar, die sich dann über das Rhein-Main-Gebiet in Richtung Schwarzwald zieht. Das  Main-Viereck und auch das Main-Dreieck stellt etwa die Lage des Bodentiefdruckgebietes dar. Man könnte ohne weiteres die Okklusion vom Tiefkern über der Mitte Deutschlands in Richtung Golf von Genua verlängern. Das verdeutlicht die Bewölkungsstruktur auf dieser Linie. Die faserige Wolkenanordnung über der Nordsee und  Dänemark rührt von der Aufgleitbewölkung der Warmluft in der Höhe (Cirren) her, welche durch die Drehbewegung entgegen dem Uhrzeigersinn erfolgte. An der Okklusion selbst findet man kompakte, meist jedoch schichtartige Bewölkung vor. In der westlichen Adria erkennt man bis weit in den Balkanraum hinein kräftige, flockige Wolkengebilde, die auf hochreichende Quellungen (Cu,Cb) schließen lassen. Sie stehen in Verbindung mit einer über der Ostküste Italiens angelangten Kaltfront. Der wolkenarme Streifen, der im Bereich des Baltikums zu erkennen ist, hängt mit den Absinkbewegungen des dort vorhandenen Hochdruckgebietes zusammen. Auch über Westfrankreich – quasi zwischen zwei Schlechtwettergebieten – herrscht Absinken vor, wie das Satellitenbild über Normandie und Bretagne zeigt. Vom Atlantik rollt die nächste Front heran, die bereits mit ihrer dichten  Aufzugsbewölkung auf Spanien und die Biscaya übergegriffen hat. Diese gehört zu einer Warmfront, die nach Norden zu nicht mehr so kompakt erscheint und auch in der dazugehörigen Wetteranalyse (Bild 2) als Warmfront Okklusion gezeichnet wurde. Die über der Mitte Frankreichs vorhandene Schichtbewölkung dürfte aufgrund der absinkenden Luftbewegung zwischen zwei Tiefdruck- gebieten inversionsgebunden sein und vor allem im niedrigen Wolkenniveau angetroffen werden, während die frontale Bewölkung über Deutschland und Mitteleuropa hochreichend ist (hell weiß = kalt, also im hohen Niveau höher als sechs Kilometer Höhe).

Beim Satellitenbild im sichtbaren Bereich (gleiche Aufnahmezeit wie Infrarot) (Bild 3) erkennt man aufgrund der Boden-Analyse und der Besprechung des IR-Bildes (Bild 1 und Bild 2) ebenfalls die diesbezüglichen Luftmassengrenzen mit den dazugehörigen Wolkenfeldern und – formationen. Zusatzinformationen: Zusätzlich sieht man noch Einzelheiten wie die schneebedeckten Westalpengipfel, die also noch von tiefer Bewölkung frei sind (durch die Eiswolken kann man hindurchsehen) und die Pyrenäen. Anhand der bänder- und linienartigen Strukturen über dem Ostatlantik kann man hier auf die Strömung der Luft schließen (aus Nordwesten). Die kräftigen Wolkenballen über dem Balkan sind ebenso deutlich zu erkennen wie die gerippte Anordnung der Wolken über Ostfrankreich bis hin zur Grenze zu Tschechien. Die relativ warme Ostsee erzeugt Quellungen, die man im Infrarot-Bild nicht so gut erkennen kann (Heizplatteneffekt). Daß ein Hochdruckgebiet nicht immer nur wolkenloses Wetter bedeutet, wird vor allem in den Wintermonaten deutlich. Hier zeigt sich im Hoch über dem Baltikum dies auch wieder mit Inversionsbewölkung und schneebedecktem Boden, die beide nur mit viel Übung zu unterscheiden sind.

Das umfangreiche Tiefdruckgebiet mit seinem Schwerpunkt über der Mitte Deutschlands kann man nicht nur in der Boden-Analyse und auf dem Satellitenbild mit seinen Wolken-Anordnungen wiederfinden. Es zeigt sich auch im Bodenwindfeld, dargestellt durch die Windpfeile (Bild 4). Auf der nördlichen Halbkugel wird ja bekanntlich ein Tief entgegengesetzt dem Uhrzeigerdrehsinn umströmt, wobei aufgrund der Reibung im bodennahen Bereich eine Komponente in das Tief hinein zu beobachten ist. Das zeigt diese Abbildung deutlich.

Will man noch mehr Details erkennen, so kann man ohne weiteres noch ein zusätzliches Satellitenbild per pc_met einsehen, nämlich das von NOAA2 (Bild 5). Hier handelt es sich um einen polarumlaufenden Wetter-Satelliten, der in etwa 850 Kilometer Höhe Deutschland überquert. Deutlich erkenbar ist der „Leichentuch-Effekt«, was bedeutet, daß sich die tiefliegende Schichtbewölkung über das gesamte sichtbare Gebiet ausgebreitet hat und durch den Einfluß der Orographie Modifikationen erfährt. Sehr deutlich erkennt man, daß sich die vorhandene Schichtbewölkung eben nicht auf einem Höhenniveau befindet, sondern durch Windeinfluß in Verbindung mit den Mittelgebirgslagen (Bayerischer und Böhmer Wald) Wellenbewegungen hervorbringt. Ähnliche, wenn auch gröbere Strukturen lassen sich über dem Osten Frankreichs und dem Westen von Süddeutschland erkennen. Man kann den Taunus, Vogelsberg, die Rhön ebenso »ahnen« wie Odenwald und Spessart. Mit Hilfe von Radiosonden-Aufstiegen (ebenfalls im pc_met vorhanden) könnte man jetzt aufgrund der Schichtwolken-Analyse auf die vertikale Mächtigkeit dieser Bewölkung inklusive Vereisungswahrscheinlichkeit schließen. Würde man diesem hochauflösendem Satellitenbild (dessen Auflösungsvermögen viel besser ist als das von Meteosat) die Windbewegungen aus Abb. 4 überlagern, so würden sich die scheinbar zufälligen Verdickungen und Aufhellungen der Wolkendecke anhand der Strömung leichter erklären lassen, wenn man dazu die Orographie mit einschließt.

Fazit:

Man braucht schon einige Übung, um aus dem Stand heraus Satellitenbilder umfassend interpretieren zu können. Nimmt man sich aber eine Bodenanalyse vor und vergleicht zuerst die zeitgleichen Satelliten-Bilder damit, so bekommt man relativ rasch einen Blick für die Lage von Fronten, Druckgebilden und orographischen Einflüssen.
Überlagert man darüber hinaus auch noch die Windströmung und unterzieht die entsprechenden RadiosondenAufstiege einer ausgiebigen Analyse, so wird man schnell einen Wetter-Durchblick durch Meteobild- Draufsicht bekommen.